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Verglasung von einbruchhemmenden Paniktüren.

Über Missverständnisse, worauf zu achten ist und warum das falsche Glas innerhalb weniger Sekunden durchbrochen werden kann.

Dengg greift Panikglas an

Szenario eines Einbruchs

Die dunkle Jahreszeit steht vor der Tür. Statistisch gesehen finden zwei Drittel aller Einbrüche genau dann, zwischen November und Februar statt. Folgendes Beispiel soll zeigen, wie ein typischer Einbruch an einer einbruchhemmenden Fluchttüre mit Glasfüllung von statten gehen könnte.

Gehen wir von einem Gelegenheitstäter aus, der mit einfachen Werkzeugen versucht, in das Gebäudeinnere zu gelangen. Er, nennen wir ihn Ede, verwendet einen handelsüblichen Schraubendreher. Gemäß DIN EN 1627 (Türen, Fenster… Einbruchhemmung, Anforderungen und Klassifizierung) entspricht dieser Tätertyp einem Gelebenheitstäter der Widerstandsklasse RC2. Ede weiß, dass Paniktüren in Fluchtrichtung, also von innen nach außen, immer geöffnet werden können müssen. Die Notausgangsverschlüse sind in den DIN EN 179 (Notausgangsverschlüsse mit Drücker oder Stoßplatte) oder DIN EN 1125 (Panikverschlüsse mit horizontaler Betätigungsstange) geregelt. Die dazugehörigen Schlösser mit Panikfunktion entsprechen den Panikfunktionen D oder E.
Vor Ort eingetroffen möchte Ede also gezielt durch die vollflächige Glasfüllung an den Drücker oder die Panikstange herankommen, um diese zu manipulieren. Vollflächige Glasfüllungen kommen in der modernen Architektur auch bei Fluchttüren sehr häufig vor. Mit gezielten, kräftigen Bewegungen sticht er mit der Spitze des Schraubendrehers auf das Glas ein. Das äußere Glas des Isolierglases bricht nicht sofort, denn in diesem Fall handelt es sich um ESG mit integrierter Alarmschleife. Den gezielten Stichen mit der harten Spitze des Schraubendrehers hält sie jedoch nicht lange stand: Sie bricht und löst dadurch Alarm aus. Ede weiß, er hat nur wenig Zeit, bevor die Einsatzkräfte eintreffen. Jetzt muss es schnell gehen. Und das tut es auch. Denn die innere Scheibe ist nur ein P4A aus Verbundglas. Mit wenigen Stößen und Drehbewegungen durchbricht der Schraubendreher das VSG. Der Einbrecher kann den innenliegenden Panikdrücker oder die Panikstange mit einer Hebelbewegung durch das entstandene kleine Loch auslösen. Die Tür ist offen. Der Gelegenheitstäter Ede hat freien Zugang in den Innenraum und kann Wertgegenstände oder beispielsweise auch Laptops mit wertvollen Daten stehlen.

Was ist bei der Einbruchhemmung schiefgelaufen?

Warum konnte die als einbruchhemmend geplante Tür ihre Aufgabe nicht ausreichend erfüllen und schon einem Gelegenheitstäter wie Ede so schnell den illegalen Zutritt ermöglichen? Um es auf den Punkt zu bringen: Das falsche Glas wurde verwendet! Die hier maßgebliche Schwachstelle einer einbruchhemmenden Fluchttür ist der relativ leicht zu erreichende Panikbeschlag. Er muss aus dem Gebäude flüchtenden Personen jederzeit ein Öffnen der Türe ermöglichen. Wie im Beispiel geschildert, reicht schon eine kleine Öffnung im Glas, um den Beschlag zu manipulieren und die Tür zu entriegeln. Aber warum wurde das falsche Glas verwendet? Hat das Planungsbüro einen Fehler in der Ausschreibung gemacht? Hat der Kunde falsch bestellt? Oder hat der Montagebetrieb das falsche Glas eingesetzt? Leider kommt es beim Thema einbruchhemmende Fluchttüren immer wieder zu Missverständnissen, was die Verwendung des richtigen Glases anbelangt.

 

Woher kommen diese Missverständnisse?

Für eine einbruchhemmende Tür in der Widerstandsklasse RC2 ist die Verwendung eines P4A Verbundsicherheitsglases theoretisch korrekt. Eine Tabelle in der EN 356 (Glas im Bauwesen – Sicherheitssonderverglasung…) gibt dies als Mindestanforderung an das Glas vor – sofern es sich nicht um eine Fluchttür handelt. Und genau hier liegt das Missverständnis begründet. Glücklich ist, wer den nationalen Anhang 10 der DIN EN 1627 kennt. Denn hier gibt es einen Hinweis bezüglich der einbruchhemmenden Eigenschaften von Türen in Flucht und Rettungswegen. Es wird explizit genannt, dass die festgelegten Anforderungen an geprüfte durchbruchhemmende Verglasungen nach DIN EN 356 für Türen in Flucht und Rettungswegen nicht ausreichen. Des Weiteren wird darauf hingewiesen, dass sich in der Prüfung der Einsatz von Polycarbonatverglasung bewährt hat.

Was ist zu tun?

Damit eine einbruchhemmende Paniktür wirklich im erforderlichen Ausmaß einbruchhemmend wird, muss bereits im Vorfeld etwas mehr Aufwand betrieben werden. Wie in der Norm beschrieben, haben sich in diesem Fall Polycarbonatverbundgläser bewährt. Sie erschweren das Durchstechen und flächige Durchbrechen des Glases maßgeblich. Üblicherweise hat das Systemhaus Prüfungen an akkreditierten Prüfinstituten durchführen lassen. Das korrekte Glas und die korrekt auszuführende Glasanbindung sind schließlich im Prüfzeugnis und den Verarbeitungsrichtlinien zu finden. Neben dem Sicherheitsglas muss auch die Glasanbindung den hohen Anforderungen einer Panikverglasung standhalten. Auch hier muss selbst ein minimaler Durchbruch verhindert werden, durch den der innenliegende Beschlag manipuliert werden könnte. Dies kann durch einen verstärkten Überschlag, Einkleben des Glases in den Rahmen und eine Reihe weiterer zusätzlicher Maßnahmen erfolgen. Für das Planungsbüro bedeutet das: Es sollte diese Thematik von vorneherein kennen, beachten und entsprechend korrekt ausschreiben. Spätestens der Verarbeiter muss erkennen, dass P4A- oder P5A-Glas für einbruchhemmende Paniktüren RC2 oder RC3 nicht zulässig ist. Diese Widerstandsklassen kommen am häufigsten vor und können auch mit vertretbarem Aufwand umgesetzt werden. Für die Widerstandsklasse RC4 und höher muss ein gewisser Mehraufwand betrieben werden bzw. müssen projektspezifische Sonderlösungen entwickelt werden. Auch schon vorgekommen, vielleicht auch aus der Not geboren, ist es, dass zusätzlich zum vorhandenen VSG ein 8 mm dickes Polycarbonat eingeglast wurde. Dieses Missverständnis liegt noch in Zeiten einer Vornorm begründet, in der von 8mm PC die Rede war.

Worauf ist bei einer Paniktür zu achten?

Wie oben ausgeführt ist es nicht zulässig, in eine einbruchhemmende Tür in Flucht- und Rettungswege eine Verglasung gemäß EN 356 einzusetzen. Das Glas und die Glasanbindung müssen in ihren Eigenschaften auf die hohen Anforderungen einer Antipanikverglasung speziell geprüft und zugelassen sein. Die beiliegende Grafik gibt eine kurze Übersicht, bei welchen Schlagworten Sie aufmerksam werden sollten. Achten Sie unbedingt darauf, dass Sie ein korrektes und geprüftes System einsetzen (lassen).

Fazit – Lohnt sich Panikglas in Türen?

Sicherlich ist ein Panikglas teurer und die Montage kann, je nach System, mehr Aufwand verursachen. In Anbetracht der Kosten und Folgen, die für alle Beteiligten entstehen können, wenn das falsche Verglasungssystem eingesetzt wurde, sollte allerdings nicht an der falschen Stelle gespart werden.

Einbrecher - Fluchtweg Panikür

 

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Sebastian Dengg

Sebastian Dengg

Sebastian Dengg ist Inhaber von Dengg engineering security und Experte für Sicherheit an der Gebäudehülle. Mit seiner umfangreichen Erfahrung steht er seinen Kunden über alle Projektphasen hinweg beratend zur Seite und ist Partner für Engineering in der Produktentwicklung und für projektspezifische Sonderlösungen.

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